Hundshörndl-Überschreitung

Leoganger Steinberge

Letzte Meter

Zu Füßen des Großen
Zinthorns Ich betrachte es als großes Glück, einer unvernünftigen Eingebung nachgeben zu können, ebenso wie es sich oft schon als Unglück herausgestellt hat, eine Idee aus reinen Vernunftgründen zu verwerfen, vor allem, wenn es Vernunftgründe sind, die nicht selbst erdacht, sondern geerbte und übernommene sind, wie ich fast alle diese Gründe und Argumente geerbt und übernommen habe, weil mir etwas davon Abweichendes doch im höchsten Maße unvernünftig erschiene. Eine Idee, die eine abzulehnende ist, trotzdem zu erwägen und weiterzuspinnen, bis sie sich nicht mehr abtun läßt, der Vernunft nicht mehr zugänglich ist, mag sich als falsch erweisen, als eine Schnapsidee, der man aufsitzt, oder aber es entwickelt sich daraus eine Vision, ein wenigstens witziger Einfall, etwas, das es wert ist, gedacht und verwirklicht zu werden. Denn wer vernünftig ist, der erlebt nichts, das ist die Wahrheit.
Die Ungeheuerlichkeit einer Handlung läßt sich daran ermessen, auf wieviel Verständnislosigkeit und Ablehnung sie stößt, wieviel Widerstand sie erzeugt. Das gilt für das Unvernünftige gleichermaßen wie für das Vernünftige. "Stefan, du bist so vernünftig", sagte T. des öfteren zu mir, in einem Tonfall, der Bewunderung ausdrücken sollte, doch war in diesen Worten die Missbilligung dessen, was ich tat oder was ich sagte, nicht zu überhören. Am vernichtendsten war T. aber immer mit der Anschuldigung, ich sei viel zu vernünftig. Martina und das Rothörndl
Stefan, April 2007 Unvernunft hat nichts mit Tollkühnheit oder gar Leichtsinn zu tun, wenngleich diese Dinge leicht zusammenfinden. Die große Kunst besteht darin, unvernünftig und gescheit zur selben Zeit zu sein. Noch vor 24 Stunden kletterte ich mit Hans im Klettergarten in den allerhöchsten Schwierigkeitsgraden, hier aber, mit Schischuhen an den Füßen und Schi und Stöcken in der Hand, vor der Herausforderung stehend, über eine schneebedeckte Platte zu steigen, ausgesetzt auf einem steilen und felsdurchsetzten Hang, sah ich mich ausserstande, die fehlenden 10 Meter bis zur lockenden Scharte zurückzulegen. Unvernunft hatte mich an diesen Ort gebracht, Klugheit ließ mich ihn wieder heil verlassen.
Matthias, der Rationale, der Nüchterne, die Vernunft in Person, wie man so sagt, mußte nicht erst lang für die Idee gewonnen werden, was überraschend war, da er schon oft Widerstand gegen meine Pläne ausübte und sie mir austrieb, mir die Unmöglichkeit meiner Vorhaben vor Augen führend. Und das obwohl die Umstände gegen sein Dabeisein an diesem Tag sprachen. Das unserer Unternehmung vorangegangene Geburtstagsfest, das er bis in die frühen Morgenstunden mitbegangen hatte, war ihm an diesem Morgen deutlich anzusehen, hatte Spuren hinterlassen, sich als Ringe unter seine Augen eingegraben, was im Übrigen selten vorkam, dass man seinen physischen Zustand von seinem Gesicht ablesen konnte. An der Südseite des Hundshörndls
Rothorn, Reitergebirge & Untersberg Martina hatte sich bereits früh nach den Plänen für das Wochenende erkundigt, nie einen Zweifel an der Sinnhaftigkeit meiner Absichten hegend, aber sanften Druck auf die Zeit ihrer Umsetzung ausübend. Da ihr der Termin am Samstag ungünstig erschien, richtete sie das Augenmerk auf das Wetter, das am Sonntag viel geeigneter gemeldet war und bewirkte so eine eintägige Verschiebung unseres Ausflugs. Als es dann aber soweit war, da hatte sie verschlafen, hatte sie am Vorabend vergessen, den Wecker zu stellen und war erst durch das frühmorgendliche Glockengeläut der benachbarten Kirche aufgewacht. Der Verdacht, sie könnte zur Vernunft gekommen sein, zur Einsicht, dass der Ausflug eine Schnapsidee sei, einer, den sie nun absagen wollte, erwies sich als ungerechtfertigt, als sie nach einer Frist von 15 Minuten ohne Frühstück, dafür aber in voller Montur und voller Tatendrang vor uns stand.
Christoph hatte sich angeschlossen, ohne genauer über die Details des Ausflugs informiert zu werden, einer spontanen Eingebung folgend hatte er zugesagt. Gerade erst war er von Thailand zurückgekehrt, wo er die vergangenen fünf Wochen verbracht hatte, weg vom Winter, wo er mehr als einen Monat keinen Schnee gesehen hatte, und jetzt, kaum zurückgekehrt, noch weitere zwei Stunden keinen Schnee sehen würde. Christoph gehört zu den muntersten und ermunternsten Menschen, er ist einer, der seiner Begeisterung Ausdruck verleiht und sie auf andere überträgt, einer der es versteht, seine eigene Freude anderen einzuprägen. Hias checked den Abstieg
Die unendlichen Weiten der
Großen Saugrube So also schleppte ich mich mühsam entlang des ausgedachten Weges in die Höhe, über Wiesen, auf denen bereits die Frühlingsblumen zu blühen begannen, durch trockene Wälder und auf aperen Latschenfeldern, der Rucksack, die Ski und die Skischuhe schwer auf den Schultern lastend, die unvernünftige Idee teilend mit Martina, Hias und Christoph, die sich wohl der Tatsache der Unvernünftigkeit ihres Handelns, nicht aber über deren Ausmaß bewusst waren, das sich in Stunden allein nicht angeben ließ.
Ich liebe den Leoganger Stoaberg, weil er sich den Vernunftgründen verschließt, an seiner Südseite ebenso wie an seiner Nordseite, weil er nicht billig zu haben ist und seine Tourenziele deshalb so kostbar sind, wie die billigen Ziele ja überhaupt die allerwertlosesten sind, die Allerweltsziele, die ebenso schnell vergessen sind sowie sie konsumiert worden sind. "T.", habe ich gesagt, "wenn sie ihres Tuns auf Dauer nicht überdrüssig werden wollen, dann vermeiden Sie die billigen Ziele, denn diese sind im höchsten Maße wertlos. Suchen Sie die Herausforderung in der Wahl Ihres Weges, nicht in der Konkurrenz um den besten Startplatz." Streiflicht im Verhauer
Die letzten Höhenmeter So vernünftig die Ziele heutzutage nämlich ausgesucht werden von den stets über die Verhältnisse bestens Informierten, den Bruchharschverweigerern und Steighilfebenutzern, auf in gleichem Maße furchtbar angelegten Spuren erreichen sie dann diese ihre Ziele, die eigentlich gar nicht ihre Ziele sind, denn nur wenige verstehen sich noch auf die Kunst der guten Spuranlage, und das ist die Wahrheit. Nur ein ganz besonders intelligenter, mit ganz besonderen Geistesgaben ausgestatteter Mensch erlernt überhaupt die Fähigkeit des Spurens und getraut sich, diese in einer Landschaft wie dem Leoganger Stoaberg auch anzuwenden.
In der Spur spiegelt sich der Charakter der Person wieder. Wie widerwärtig waren mir stets die geradlinigen, die viel zu steilen Anstiege, wie sie nur von den Empfindugslosen, den nur auf sich Bedachten, den Sportlern, wie man so sagt, angelegt werden konnten, die sich dann ja auch immer als die widerlichsten Charaktere von allen herausstellten. Oft sind es gerade die Ausnützer, die sich nicht darauf verstehen, das Gelände und seine Formen auszunutzen. Je krummliniger und ausnutzerischer der Charakter der Person ist, umso geradliniger, steiler und schlechter nutzbar ist die Spur, die sie anlegen. Das Rudel wartet zusammen
Geschafft - die Belohnung wartet im
Köckei's Eine gute Spur folgt entweder einer über die Jahre gewachsenen, bewährten, einer durch die Tradition vorgegebenen Linie, oder aber sie wird von einem intelligenten Kopf und geradlinigen Charakter erdacht und erfunden. In der Gesellschaft von guten Spurern habe ich mich immer wohl gefühlt, sie waren mir stets die liebsten Begleiter, von ihnen konnte ich immer etwas lernen. Mit den Sportlern pflegte ich seit jeher einen vorsichtigen und sehr eingeschränkten Umgang, mit den guten Spurern hingegen bin ich immer gut ausgekommen.

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